author: Klaas Koopman
"Ich wußte schon als kleines Mädchen, daß ich Sängerin werden
wollte", sagt Greetje Kauffeld. Und seit ihrem sechsten Lebensjahr
hat sie entsprechend gehandelt.
Als sie ihr 40jähriges Berufsjubiläum feiern durfte, ist sie zum Ritter im Orden des Niederländischen Löwen ernannt und mit dem angesehenen Bird Award des North Sea Jazz Festivals praktisch als Jazzsängerin geadelt worden.
Die Musik war in Greetjes frühesten Jahren ihr treuester Begleiter. Ganze Tage lang hörte sie Radio oder spielte Platten von Doris Day und Frank Sinatra.
"So habe ich singen gelernt, indem ich mit denen mitgesungen habe", sagt sie. Sinatra und Day waren gute Lehrer. Von der blonden Amerikanerin übernahm Greetje die Fähigkeit, ganz nah am Zuhörer dran zu sein, ihn zu berühren beziehungsweise ihn zu rühren. Von The Voice hat sie das Phrasieren gelernt.
Sie hatte sich so intensiv mit dem Gesang beschäftigt, daß sie schon die Englische Aussprache beherrschte, bevor sie die Grundschule beendet hatte. Die Texte bekamen für Greetje eine Bedeutung, und das ist bis heute so geblieben. Mit 13 hat sie in der Jugendsendung "Minjon" erstmals mit der Band The Raindrops im Radio gesungen.
Am 1. Februar 1957 wurde Greetje feste Sängerin des Rundfunkorchesters The Skymasters. Ihre Karriere blieb nicht auf die kleinen Niederlande beschränkt.
Auf dem Festival della Canzone in Venedig gewann das niederländische Team mit Mieke Telkamp, Christine Spierenburg, Willy Alberti, Johnny Jordaan, dem Orchester De Zaaiers unter Jos Cleber und Greetje die Goldene Gondel.
Greetjes Auftritt hatte Werner Müller von der RIAS Big Band beeindruckt. Er holte die junge Niederländerin nach Berlin.
Das war der Begin ihrer deutschen Erfolgsgeschichte, der sie mit Kollegen wie Toots Thielemans, Caterina Valente, Kurt Edelhagen, Svend Asmussen, Erwin Lehn, Horst Jankowski, Udo Jürgens und natürlich ihrem Duettpartner Paul Kuhn (" Jeden Tag, da lieb ich dich ein kleines bißchen mehr ") zusammengebracht hat.
1968 wollte Greetje ihren Horizont erweitern und wagte den Schritt über den Großen Teich. Sie hat in Los Angeles und Las Vegas gearbeitet und ist zusammen mit unter anderen Ray Brown, Herb Ellis und Oscar Castro-Neves coast to Coast in der "Joey Bishop Show" zu sehen gewesen.
Wieder in ihrer niederländischen Heimat hat Greetje 1970 den
Produzenten Joop de Roo geheiratet, der sie dazu brachte, auf ein
Jazzy repertoire umzusteigen. Er führte sie zusammen mit Größen wie
Stan Getz, Phil Woods, Thad Jones und Niels Henning Ørsted Pedersen,
die allesamt an ihrem Album "Some other Spring" von 1981 mitgewirkt
haben.
Davor waren beispielsweise bereits die bemerkenswerten Platten "And let the Music Play " mit den Arrangeuren Jerry van Rooijen und Rob Pronk und "He was a King Uncrowned, Greetje Kauffelds sings a Tribute to Clifford Brown (1976) entstanden.
Wegen der Geburt ihrer Kinder Nathalie (1970) und Mark (1972) haben sich Greetjes beruflichen Aktivitäten bis zu Beginn der 80er Jahre größtenteils auf Studioarbeit beschrängt.
1986 wurde eine gewagte Formation gegründet: ein Trio, das neben
Greetjes Vokalem Beitrag nur eine Gitarre (von Peter Nieuwerf) und
ein Saxophon (zunächst von Ruud Brink, später von Jan Menu) umfaßte. Die
Gründung des Trios und das musikalische Resultat zeugen von
Greetjes Eigensinn sowie von ihrem Mut und berechtigten
Selbstvertrauen.
Auf "The Song is you "und der ausschließlich mit Songs von Alan und Marilyn Bergman bestückten CD "On my way to you" (1988/1989) kann man sehr gut hören, wie stark ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen strapaziert worden ist. "Jedes Lied ist für mich eine Geschichte", erzählt sie. Ich erlebe den Text, den ich singe, ich denke mich in ihn hinein wie ein Schauspieler in die Figur, die er verkörpert."
Diese starke Identifikation mit den Texten ist charakteristisch für ihre Arbeit. Die daraus resultierende Deklamation, das Timing und die Phrasierung erzeugen eine intime Verbindung zum Publikum. Es entsteht eine Atmosphäre, in der starke Emotion, bewegende Melancholie und relativierende Heiterkeit einander abwechseln. Auch beim Auftritt mit großen Orchestern gelingt es der Sängerin, Publikum und Begleiter in ihre Liederinterpretation mit einzubeziehen.
1992 beziehungsweise 1994 sind zwei besondere Alben erschienen: "European
Windows" und "The Real Thing". Für das Europa-Projekt hat Greetje
ihr Trio um den Bassisten Ruud Ouwehand und den Schlagzeuger Hans
Dekker erweitert. Es wurden ausschließlich europäischer Stücke
berücksichtigt, von Kurt Weill über Michel Legrand bis hin zu
John Lennon und Paul McCartney.
Auf "The Real Thing" singt sie einige Duette mit Humphrey Campbell. Es haben sie der Geiger Armando und der Gitaristen Maarten van Grinten begleitet.
Zum 40jährigen Berufsjubiläum wurde ein Galakonzert mit dem Metropole Orchester unter Jerry van Rooijen im Utrechter Musikzentrum Vredenburg veranstaltet. Im Jubiläumsjahr 1997 sind unter anderem CD's mit Jiggs Whighams Rias Big Band sowie dem Metropole Orchester mit den Gastsolisten Stan Getz und Thad Jones veröffentlicht worden.
Danach kamen derart viele Anfragen zu Auftritten im In- und Ausland, daß Greetje ihre Lehraufträge an den Konservatorien in Zwolle und Hilversum aufgeben mußte. Erst seit 2002 steht sie wieder als Gastdozentin zur Verfügung, diesmal am Konservatorium von Amsterdam
Ein Höhepunkt des neuen Jahrtausends ist die Tournee "The Award Winners" gewesen, die Greetje mit Willem Nijholt und The small Big Band von Johan Plomp absolviert hat. Dabei wurden preisgekrönte amerikanische, französische, deutsche und niederländische Songs zum besten gegeben.
Im März und April 2003 ging es wieder durch Deutschland: Mit Paul
Kuhn & The Best hat sie eine Tournee aus Anlaß von Paul's 75. Geburtstag gemacht. Im darauffolgenden Jahr war Greetje mit dem
Programm "Bekannt durch Film, Funk, Fernsehen" unterwegs, einer
jazzigen Reminiszenz an alte Schlagerzeiten.
Mit dabei: Bibi Johns, Alice & Ellen Kessler, Chris Howland sowie
die Götz Alsmann Band.
Die Super Audio CD (SACD) "My Shining Hour" mit Songs von Harold
Arlen war dann 2005 eine weitere Perle in der Krone dieser Sängerin,
die als eine der international bekanntesten niederländischen
Chanteusen gelten kann. Musikalisch wurde Greetje bei dieser
Produktion vom Paul Kuhn Quintet begleitet.
Im November 2006 erscheint im MaveriX Verlag Greetjes umfassende Autobiographie "Was für Tage..."die sie mit dem Düsseldorfer Journalisten Ingo Schiweck geschrieben hat.
Das bedeutet aber
keineswegs, daß ihre Karriere damit abgeschlossen wäre.Schon
im Dezember ist sie anläßlich des Erscheinens einer gemeinsamen
Weihnachts-Doppel-CD auf Tournee mit den Swingin' Fireballs aus Bremen.
Im ersten Quartal 2007 steht eine Reihe niederländischen Jazz-Impuls-Konzerte mit dem Cees Slinger Trio und Dig d'Diz an.
Und selbstverständlich feierte Greetje ihr 50jähriges Berufsjubiläum gebührend, nämlich mit einem speziellen Konzert am 14 Januar 2007 im Bussumer Theater 't SPANT.